19. 9. J’adore hardcore
Ist Tracht nur Dirndl und Lederhose?
Wenn, dann gleich Hardcore. Der Einstieg in die Trachtenwelt geschieht für die allermeisten Menschen mit voller Wucht.
Modisch gesprochen heißt das: mit Dirndl oder Lederhose. Das sind die zwei aller-eindeutigsten Pieces, die das Universum zwischen Edelweiß und Designerstoffen zu bieten hat.
Die, die am fremdesten zur üblichen Normalo-Garderobe sind. Und trotzdem oder gerade deshalb die begehrenswertesten. Was mir irgendwie natürlich völlig einleuchtet, weil sie einfach wunderschön machen, wenn sie wertig und toll gefertigt sind, exakt sitzen und zum Typ passen. Gleichzeitig ist es aber auch sehr ungewöhnlich, wenn Leute, die sich jahrelang gegen Tracht wehren „Nein, das zieh‘ ich nie wieder an, das ist mir zu teuer, das brauch ich nie mehr, das ist nicht meins, etc.“ dann für die volle Dosis Tradition entscheiden.
Man könnte sich ja langsam an die Sache herantasten. Über eine Bluse oder ein Hemd oder so. Die kombiniert man dann zur Lieblings-Lederjacke oder zieht sie ins Büro an und schaut mal, wie man sich so fühlt. Oder bei größerem Budget vielleicht ein Janker mit zünftigen Details, der dann zur Jeans ausgeführt wird. Oder ein chices Tuch mit Fransen oder Wildlederhandschuhe oder so. Die geben einen Vorgeschmack darauf, was die Trachtenwelt so besonders macht: die bestechende Qualität, die Liebe zu den Kleinigkeiten, die exakte Verarbeitung, die feinen Stoffe, die außergewöhnlichen Designs. Klingt für mich total plausibel, ist wohl für die meisten Menschen aber relativ abwegig. Wäre definitiv mal nen Versuch wert, Leute!
Wie trachtig darf’s sein? Probieren Sie’s mal mit Stücken aus der Herbst/Winter-Sonderkollektion von Trachtmacher, die derzeit in limitierter Auflage bei SEIDL erhältlich ist.
Denn: Nein, Tracht heißt nicht nur Dirndl und Lederhose. Ganz ganz bestimmt nicht. Da können Sie mir vertrauen. Tracht heißt genaugenommen vorgeschriebene Kleidungsstücke mit gewissen Verarbeitungs- und Schnitttechniken, die jemand mal vor 100 Jahren in einem Buch zusammengefasst hat. Eine Momentaufnahme – doch dazu mal ein eigener Blog-Eintrag. 2019 heißt es für mich schon lange Fashion auf Österreichisch: der Einfluss der Tracht aus der Vergangenheit auf eine zeitgemäße und dennoch zeitlose, eigenständige österreichische Garderobe voller Nachhaltigkeit, Wertigkeit, Genuss und Wohlgefühl. Stilistisch einwandfrei und deshalb optisch ausschließlich bereichernd.
Dazu gehören das Dirndl und die Lederhose, selbstverständlich. Ich trag ja auch mal an einem ganz normalen Dienstag im September mein altes Lieblings-Dirndl, aber dass das nicht für die Mehrheit praktikabel ist, ist mir schon klar. Wohl aber das Jopperl oder die Bluse, die Strickjacke oder die Wollhose. Das schaffen Sie. Mit ein bisschen modischem Wagemut und einem Verrücken der Konventionen. Trachtig ist das Zauberwort. Das ist nicht Tracht, nicht das Von-oben-bis-unten-Outfit. An welcher Stelle Sie wie viel „Trachtiges“ zulassen, bleibt Ihnen überlassen. Sie werden’s so oder so nicht bereuen.
Die trachtigen Details machen’s: exklusive Stücke aus der Trachtmacher-Kollektion Herbst/Winter 2019, jetzt bei SEIDL
Ein paar Ideen zum trachtigen Einsteiger-Feeling: definitiv Karos, ganz sicher Blumenprints, Stickereien im Allgemeinen, Grün generell, Loden per se, Rüschen genauso, Schößchen und generell alles, was die weibliche Taille betont. Dann noch Knickerbocker, Biesen, Stehkragenhemden. Selbst Grobgestricktes, Mustermix und Spitze geben schon einen Hauch Traditions-Gefühl. Sonst probieren Sie mal fürs erste ne Flechtfrisur aus oder machen Sie ein Foto von sich vor einer Almhütte und schauen Sie mal, ob Sie damit gut leben können. Im Ernst: Tracht ist immer noch ein Teil der Modewelt – und die kennt keine Regeln, dafür ganz viel Mut, Spaß und Fantasie. Tracht hält das aus und macht das mit. Sie ist robust und flexibel zugleich. Deshalb liebe ich sie so.

Illustration: ofatomsandlines
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kateboss@seidl-trachten.at