Feschn Sommergespräch 3: Christian Weber
Spannende Ansichten von Persönlichkeiten aus der Szene
Christian Weber
Christian (rechts) mit seinem Lebens- und Geschäftspartner Manuel Weber. Die beiden kreativen Köpfe stecken hinter Weber+Weber und seit neuestem auch hinter Josef & Anna (so hießen übrigens Manuels Großeltern)
Vorarlberger Charme und internationales Know-How, heimische Partytauglichkeit und weltoffenes Gespür für Mode – Christian Weber ist voller Gegensätze. Bei ihm sind sie aber so natürlich wie sein strahlendes Lachen, wenn er seine neuesten Kreationen präsentiert. Er ist einer, der viel zu sagen hat und deshalb noch lange nicht alles verrät.
Er vereint Bodenständigkeit mit Raffinesse – heraus kommt Slow Fashion at its best.
Mit seinem eigenen Label Weber+Weber Sartoria, das er mit seinem Partner Manuel Weber führt, beweist er seit ein paar Saisonen, wie sleek österreichische Heritage auch ausschauen kann. Ab Herbst 2019 fügen die Webers ein weiteres Label zu ihrem Schaffen hinzu: Josef & Anna, wo sie Lieblingsstücke aus der österreichischen Tracht modern interpretieren.
Der Trachten-Klassiker „Wetterfleck“ neu interpretiert von Christian Weber in der Herbst-Kollektion von „Josef & Anna“, ab August erhältlich bei SEIDL in Anger und Graz.
Diese 3 Begriffe beschreiben meine Kreationen am besten:
raw sophisticated tailoring
Gut angezogen ist man für mich, wenn…
ich in den Spiegel schaue und mich nicht nur wohl, sondern gut fühle. Gut angezogen, oder sich in seinem Gwand wohlzufühlen, ist der erste Eindruck meines Gegenübers.
Mein liebstes Vorurteil gegenüber Tracht und meine Richtigstellung:
Tracht ist für mich ein Stück Heimat. Leider wurde dieser Begriff „Heimat“ schon oft missbraucht, trotzdem gibt es kein besseres Wort dafür: sich auch im Gwand mit seiner Herkunft zu identifizieren, ist etwas Besonderes und nicht immer oder überall möglich. Das ist ein Privileg, das wir in „unserer Heimat“ haben. Wir sollten die Begriffe Tracht und Heimat wertschätzen und vor Missbrauch schützen.
Meine liebste Kindheits-/Jugend-Modeerinnerung:
Das war sicherlich als Teenager mit dem Reisebus nach Mailand zu fahren und in die große Welt der Mode einzutauchen. Das war noch vor der Zeit des Internets. Ich kann mich heute noch an die Schaufenster und die feschen Italiener und Italienerinnen erinnern.
Der wichtigste Teil eines Outfits:
Absolut die Weste! („Gilet“ für alle Ostösterreicher, Anm. der Redaktion)
Das Gilet als Key-Piece eines Männer-Outfits – klare Sache für Christian Weber. Stück aus seiner Weber+Weber Linie aus Baumwolle und Leinen um 279 Euro
Lieber over- oder underdressed?
Für mich als Designer: underdressed, aber mit Stil.
Was können Frauen in Sachen Stil von Männern und Männer umgekehrt von Frauen lernen?
Frauen in „tailored“, also eher maskulinen Looks, sind einfach umwerfend sexy, und wenn wir ehrlich sind, dann sollten Zeichen früherer Männerdominanz Frauen nicht vorenthalten werden. Männer sollten sich dafür nicht immer so ernst nehmen… bitte etwas mehr casual und lässig, wie es Frauen viel besser können!
Worin sollte man auf jeden Fall investieren, wenn es um die Garderobe geht?
Ein gutes Sakko, Blazer, Janker oder Joppe kann jedes Outfit perfektionieren oder Schwächen kaschieren.
Der Blazer in allen Formen, vom Janker bis zur Joppe, ist Christian Webers erklärtes Lieblingsteil, hier Modelle aus seiner Frühling/Sommer2019-Kollektion Weber+Weber
Meine Empfehlung, um den Kleiderkauf nachhaltig und mit gutem Gewissen zu gestalten:
Weniger ist mehr: In jedem Kleidungsteil steckt so viel Handarbeit und menschliche Arbeitskraft. Besser etwas mehr ausgeben und dafür länger behalten. Was gut ist, wird mit dem Alter besser.
Mein ultimativer Styling-Rat für jeden Tag:
Nur aus dem Haus gehen, wenn man sich wirklich wohl im Gwand fühlt! Ein wenig Verspätung ist nicht so tragisch.
Mein geheimer Pflege-Tipp für Kleidung:
Es gibt Bügeleisen aus einem guten Grund!
Diesen Prominenten empfehle ich als Stil-Vorbild:
Tom Ford
Diese Modesünde halte ich in Wahrheit für einen Glücksfall:
Sneakers
Was ich in meinem Leben über Mode gelernt habe zusammengefasst in einem Satz:
Was wir tragen ist der erste Eindruck meines Gegenübers und es schützt und bedeckt unser wichtigstes Organ, die Haut: Warum sind wir heute so nachlässig, was wir auf unserer Haut tragen? Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren!
Background:
Er ist ein alter Hase in der Branche – und ein jugendlicher Spirit. Christian Weber ist zwar erst 46, hat aber schon etliche namhafte Stationen in der Fashionwelt hinter sich: Nach dem Modestudium in Los Angeles ging er zu Versace, Wolford, Burlington, Victoria Beckham und machte sich schließlich als Modedesigner selbstständig, arbeitete an Projekten für Gössl, Habsburg, Schneiders, Baldessarini und anderen. Gleichzeitig gründete er gemeinsam mit Partner Manuel das Label Weber+Weber Sartoria, dessen Teile in Italien gefertigt werden. Neu ab Herbst 2019 aus demselben Hause: „Josef & Anna“, wo es noch trachtiger wird.
Illustration: ofatomsandlines
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